Swissalpine K43 – ein Hoch auf den Gluteus

 

Kennt ihr das „Dead Butt Syndrom“? Nein? Nun, leider heisst das nicht, dass ihr es nicht habt, aber das ist eine längere Geschichte.

Nach meinem Frankfurt Marathon im Oktober 2018 hat es angefangen. Meine rechte Achillessehne hat geschmerzt, manchmal beim Laufen, manchmal im Alltag. Aber immer morgens nach dem Aufstehen. Fast drei Jahre hat mich das nun begleitet. Drei Jahre, in denen ich immer mal wieder einige Wochen pausieren musste. An den Schmerzen änderten die Pausen kaum etwas, es schmerzte mal mehr, mal weniger.
Ich habe so gut wie alles versucht, ich war beim Sportarzt, bei der Lauf- und Ganganalyse, beim Chriopraktor, beim Osteopathen, bei einer Rolfing-Therapeutin, in der Akkupunktur und natürlich wochenlang in der Physiotherapie. Komplett Erfolglos!

Und so habe ich es im letzten Jahr mit ignorieren versucht – wird schon gut gehen. Nein, ging es nicht. Nach dem Swissalpine K68 2020 konnte ich eine Woche kaum mehr gehen. Wieder Pause, fast den ganzen Herbst. In dieser Zeit habe ich mit Crossfit angefangen – genial, kann ich jedem empfehlen – aber das nur am Rande. In meiner Verzweiflung habe ich mich – wie man das halt so macht – bei Tante Google noch einmal nach einem guten Sportphysiotherapeuten umgeschaut. Meine letzte Chance bevor ich die Schuhe endgültig an den Nagel hänge! cry
So bin ich auf Roland Wernli von Physiobase Volketswil aufmerksam geworden. Für ihn war die Sache von Anfang an klar. Dead Butt Syndrom! Oder Gluteale Amnesie – nein, das ist kein Müsliriegel. Zu Deutsch heisst das wohl so viel wie „kein Arsch in der Hose“.
Ich war natürlich etwas baff. Mein Po zu schwach? Ich mache doch seit Jahren Sport…?
Scheinbar ist das aber ziemlich weit verbreitet - eine typische Zivilisationskrankheit. Vom zu vielen Sitzen schläft das Hinterteil regelrecht ein. Der grösste Muskel des Körpers, der Gluteus Maximus, wird dadurch nicht nur zu schwach, er verliert fast vollständig seine Funktion und wird vom zentralen Nervensystem nicht mehr richtig angesteuert. Selber merkt man das kaum, ich konnte meinen Po, je nach Position, also schon bewusst anspannen. Aber eben nur dann, wenn ich mich darauf konzentriert habe. In komplexen Bewegungen, wie dem heben, der Kniebeuge, dem Springen oder eben dem Laufen, war mein Hinterteil fast vollständig inaktiv.

Seit diesem Winter trainiere ich also gezielt meinen Arsch. Zu Anfang mit einfachen, dann immer mit komplexeren Übungen. Muskelkater im Hinterteil – mein fast täglicher Begleiter. 

Und Laufen ging immer besser. Immer weiter, immer öfter und dann auch langsam wieder etwas schneller. Ab Mitte April wagte ich mich wieder an Longjogs >30km – eine Marathonvorbereitung schien wieder realistisch. Das alles gipfelte an der erneuten Teilnahme am Swissalpine am 25. Juli. Insgesamt mein fünfter Start in Davos. Nach dem K78, dem K23, T30 und dem K68 nun also zum ersten Mal über die klassische Marathondistanz, dem K43. smile

   

Das Rennen war nicht unbedingt ein Vergnügen. Bergauf war ich ziemlich schnell - also schnell ausser Atem! Ich wurde von dutzenden überholt – nicht mein Tag. Zwischen dem Scaletta- und dem Sertigpass kamen wir auch noch ins Gewitter, die Blitze nur noch 2…3 Sekunden entfernt – kein schönes Gefühl. Dementsprechend froh war ich, auf dem Pass den höchsten Punkt mit 2739 müM. erreicht zu haben. Was dann aber für die nächsten 5 bis 6 Kilometer folgte war mein Terrain! Im technisch anspruchsvollen Bergab durchs nasse Geröll konnte ich wieder etliche Meter und Plätze gutmachen – und das mit breitem grinsen im Gesicht. Leider folgt, wie jedes Jahr, am Schluss noch das schier endlose Stück von Sertig über Clavadel nach Davos. Das grinsen weg, die Lust auch, die Beine schwer. Nass wie ein Pudel war ich nach 4h39min Ziel, die 43km und 1781hm bezwungen.

  

Und was meinte die Achillessehne? Nix, niente, nada! Im Namen des Gluteus, ich glaube ich bin geheilt! Die Zeit, das Wetter, die Anstrengung, alles vergessen. Ich konnte Marathon laufen, einfach so, ganz ohne Schmerzen. Ein fantastisches Gefühl!
Vielen, vielen dank an Roland von physiobase.ch, du hast einen perfekten Job gemacht und mich wieder hergestellt. laughing


Die harten Fakten

4:39:39
AK: Rang 12 von 118
Gesamt: Rang 47 von 475

Ich bin mir sicher, das geht auch unter 4:30. See u again, Davos! cool